Archiv der Kategorie: Allgemein

Lehren aus der Krise: Was sich der Staat vom Markt abschauen kann

Justus Haucap

Kernaussagen

  • Die Corona-Pandemie hat die Schwächen des Staates als Krisenmanager offenbart. Während private Unternehmen in absolutem Rekordtempo Impfstoffe entwickelt, Masken genäht und in Hygienekonzepte investiert haben, fehlt diese Dynamik beim Staat. Es gibt eine Reihe von Gründen für diese eklatanten Unterschiede, woraus sich mögliche Reformen für Staat und Verwaltung ableiten lassen.
  • Nach der Krise sollte systematisch überprüft werden, ob in der öffentlichen Verwaltung stärker (1) auf private Anbieter für die Erfüllung mancher staatlichen Aufgaben zurückgegriffen werden kann; (2) Wettbewerbselemente genutzt werden können; (3) Leistungsprämien eingesetzt werden als bisher. Zudem ist (4) eine Überprüfung der Zuständigkeiten im föderalen System nötig.
  • Es ist an der Zeit, dass der Staat sich bei Unternehmen einiges abschaut und in diesem Sinne unternehmerischer wird – das heißt aber nicht, dass er sich weiter ausdehnen und versuchen sollte Dinge zu managen, für welche Bürokratien wenig geeignet sind.
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Eine Gesellschaft mit gebundenem Vermögen – Risiken und Nebenwirkungen

Barbara Bültmann

Kernaussagen

  • Man kann die vorgeschlagene neue Rechtsform einer Gesellschaft mit gebundenem Vermögen (zunächst: „Gesellschaft in Verantwortungseigentum“) als zusätzliches Angebot und Wettbewerb befürworten. Echter Wettbewerb setzt jedoch voraus, dass ein gewisses „level-playing-field“ herrscht. Daran fehlt es allerdings, wenn diese Unternehmensform im Vergleich zu anderen als vermeintlich „gutes“, „nachhaltigeres“ oder „verantwortlicheres“ Unternehmertum hervorgehoben und ggf. sogar privilegiert wird. Das Ansehen von Unternehmertum und Eigentum ist in Deutschland ohnehin zu Unrecht zurückgegangen, was sich durch solch eine Unterscheidung zwischen „guten“ und „weniger guten“ Unternehmen noch beschleunigen würde.
  • Die unumkehrbare ewige Bestandsgarantie eines Unternehmens könnte Innovationen ausbremsen oder verhindern, wenn eine Reallokation des Kapitals in zukunftsträchtigere Bereiche oder sinnvolle Unternehmenszusammenschlüsse verhindert würde.
  • Der Vorschlag untergräbt die Bemühungen, mehr Mitarbeiterkapitalbeteiligungen, eine Stärkung der hiesigen Aktienkultur und eine möglichst breite Beteiligung an Produktivkapital und Kapitaleinkommen in der Bevölkerung zu erreichen.
  • Zentrale Anreizmechanismen und grundlegende Prinzipien der Sozialen Marktwirtschaft werden aufgeweicht und das Eigentumsrecht wird für diese Anteile in ein Eigentumsrecht light umgewandelt mit Folgen für das Verständnis von Eigentum im Ganzen.
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Problematische Entwicklungen in der Europäischen Sozialpolitik

Guido K. Raddatz

Kernaussagen

  • In Europa gibt es seit einigen Jahren Bestrebungen, die bisher größtenteils in nationaler Zuständigkeit liegende Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik stärker zu vereinheitlichen und durch EU-Vorgaben auszubauen. Auf dem Europäischen Sozialgipfel in Porto am 7. und 8. Mai 2021 soll das Ziel bekräftigt werden, die bisher rechtlich unverbindliche Europäische Säule sozialer Rechte durch konkrete Initiativen und Regulierungsvorhaben auf Basis des im März von der Kommission vorgelegten Aktionsplans voranzubringen.
  • Diese Pläne sind kritisch zu sehen und nicht geeignet, die Erfolgsgeschichte des Binnenmarktes und der europäischen Integration fortzuschreiben. Eine stärkere Zentralisierung der Sozialpolitik würde das Subsidiaritätsprinzip aushöhlen und wäre wohl der Einstieg in eine dauerhafte Transferunion bislang nicht gekannten Ausmaßes. Damit aber drohten nicht nur zahlreiche Fehlanreize und Governance Probleme, sondern am Ende auch ein weiteres Erstarken antieuropäischer Kräfte. Außerdem stellen einheitliche Sozialstandards ein subtiles, aber wirkungsvolles Protektionismusinstrument zugunsten der wohlhabenderen Staaten dar, während wirtschaftlich schwächere Mitgliedstaaten in ihrer Wettbewerbsfähigkeit beeinträchtigt und der europäische Konvergenzprozess behindert werden.
  • Die dezentrale Verortung der arbeitsmarkt- und sozialpolitischen Zuständigkeiten auf der Ebene der Mitgliedstaaten weist zahlreiche Vorteile auf: Neben der Berücksichtigung regionaler Präferenzunterschiede der Bürger sowie historisch gewachsener Unterschiede ermöglicht der Status quo den Mitgliedstaaten, passgenaue Lösungen für ihre jeweils spezifischen arbeitsmarkt- und sozialpolitischen Herausforderungen zu finden. Zudem wird institutioneller Wettbewerb und gegenseitiges voneinander Lernen (Föderalismus als Experimentierlabor) ermöglicht.
  • Eine Verlagerung nationaler Kompetenzen auf die europäische Ebene ist dort sinnvoll, wo es um europäische öffentliche Güter, die Funktionsfähigkeit des Binnenmarktes oder die Handlungsfähigkeit der EU gegenüber Drittstaaten geht. Die Sozialpolitik zählt allerdings größtenteils nicht dazu.
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Staatsverschuldung unter Niedrigzinsen – Kein Übermut beim fiskalpolitischen Seiltanz

Fulko Lenz

Kernaussagen

  • Der derzeit von vielen Seiten propagierte fiskalische Paradigmenwechsel in Richtung dauerhaft höherer und krisenunabhängiger Verschuldung birgt erhebliche Risiken.
  • Die vermuteten Verschuldungsspielräume – deren tatsächliche Grenzen niemand kennt – beruhen auf der kaum realistischen Annahme dauerhaft niedriger Zinsen und ignorieren fahrlässig bereits absehbare Haushaltsbelastungen durch die Sozialversicherungen.
  • Das Argument, Schulden seien wegen der parallelen Vererbung von spiegelbildlichen Staatsanleihen keine Belastung kommender Generationen, ist ein schlecht getarntes Ablenkungsmanöver, da intransparente Verteilungskonflikte entstünden, deren Verlierer erhebliche Belastungen zu tragen hätten.
  • Durch die Lockerung von Verschuldungsregeln erhoffte Wachstumsimpulse dürften an den anders gelagerten politischen Ausgabenprioritäten in einer alternden Gesellschaft scheitern.
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Finanzierungsneutralität im Steuerrecht: Lernen aus der Krise

Barbara Bültmann

Kernaussagen

  • In der Krise zeigen sich die Schwächen der deutschen Unternehmensbesteuerung.
  • Neben der beschränkten Verlustnutzung und den ertragsunabhängigen Elementen in der Besteuerung liegt insbesondere die steuerliche Behandlung der Eigenkapitalfinanzierung im Argen. Eigenkapitalkosten sind steuerlich – anders als Fremdkapitalkosten – grundsätzlich nicht abzugsfähig. So werden Anreize gesetzt, Unternehmen eher mit Fremdkapital auszustatten. In der Krise sind eine gute Eigenkapitalausstattung und Liquiditätsreserven jedoch für den wirtschaftlichen Fortbestand von Unternehmen von besonderer Bedeutung.
  • Die steuerliche Benachteiligung von Eigenkapitalfinanzierung trifft insbesondere neugegründete Unternehmen, denen aufgrund fehlender Sicherheiten oder geringem Cash-flow häufig keine Fremdkapitalfinanzierung zugänglich ist.
  • Die Einführung eines Abzugs kalkulatorischer Eigenkapitalzinsen oder vergleichbarer Regelungen würde diese Unwucht beseitigen, Anreize für eine bessere Eigenkapitalausstattung bieten und die Unternehmen dadurch auch für die Zukunft weniger krisenanfällig machen.
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Digitales Tracking im Kampf gegen COVID-19? Verhältnismäßige und freiwillige Lösungen ja, Blankoschecks für staatliche Überwachung nein

Fulko Lenz

Kernaussagen

  • Angesichts der dramatischen wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und gesundheitlichen Nebenwirkungen der zur Eindämmung von COVID-19 erfolgten Grundrechtsbeschränkungen, gilt es Wege zu finden, diese schnellstmöglich zu beenden und in einem ersten Schritt zielgenauer auszugestalten. Wenn der Einsatz digitalen Trackings einen entscheidenden Beitrag dazu leisten kann, darf er nicht von vorneherein mit Denkverboten belegt werden.
  • Statt schwammig formulierter Blankoschecks für weitreichende staatliche Überwachung müssen klar definierte Maßnahmen zur Diskussion gestellt werden, bei denen eine transparente Überprüfung von Eignung, Erforderlichkeit und Angemessenheit erfolgen kann. In eine sorgfältige Abwägung von Rechten und Schutzinteressen ist auch der Datenschutz einzubeziehen.
  • Bei der möglichen Verwendung von Tracking-Apps, deren Wirksamkeit sich erst noch erweisen muss, sollte ein Ansatz verfolgt werden, der auf Freiwilligkeit und Kooperationsbereitschaft setzt und den behördlichen Datenzugriff auf das absolute Minimum reduziert.
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Das Rührei des Kolumbus: Die GroKo-„Grundrente ohne mit“

Michael Eilfort

Kernaussagen

  • Die geplante Grundrente hilft vor allem der GroKo, beschenkt viele ohne echte Not und hilft nur wenigen Bedürftigen wirklich.
  • Ein wenig gutgemeinter Respekt für unterschiedliche Leistungsprofile innerhalb niedrigerer Lohnbereiche kontrastiert mit maximaler Respektlosigkeit gegenüber vielen, die mehr geleistet haben, keinen Grundrentenzuschlag, aber am Ende nicht mehr als „Grundrentner“ bekommen. Es entstehen mehr Gerechtigkeitslücken als bekämpft werden und eigene Anstrengung rechnet sich in vielen Fällen nicht mehr.
  • Ein weiteres Milliardengeschenk für die insgesamt bestgestellte Rentnergeneration aller Zeiten spricht der Generationengerechtigkeit Hohn und auch den Grundprinzipien des Sozialstaats: Wer Fürsorgeleistungen erhalten will, muss diese begründen und seine Bedürftigkeit offenlegen.
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Die Abschaffung des Solidaritätszuschlags – eine Frage des Rechts und des Anstands

Barbara Bültmann

Kernaussagen

  • Die Forderung nach einer kompletten Abschaffung des Solidaritätszuschlags ist zuallererst keine Entlastungsfrage, sondern eine Frage der Rechtsstaatlichkeit.
  • Der Solidaritätszuschlag muss in der laufenden Legislaturperiode vollständig abgeschafft werden, da mit Auslaufen des Solidarpakts II Ende 2019 die Grundlage für die Erhebung entfällt.
  • Die Politik steht in der Pflicht, ihre Glaubhaftigkeit zu wahren und sich rechtstreu zu verhalten.
  • Aufkommensfragen oder vermeintliche Gerechtigkeitsfragen dürfen der Rechtstreue nicht vorangestellt werden.
  • Wer die Progression will, muss die Regression ertragen.
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Prinzipienvergessen und zu teuer – die Schwachpunkte der geplanten Grundrente

Guido K. Raddatz

Kernaussagen

  • Der von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil vorgelegte Entwurf einer Grundrente für langjährig Versicherte ohne eine Bedürftigkeitsprüfung kann nicht überzeugen. Im Instrumentenkasten der Sozialversicherungen wäre eine solche Grundrente ein systemwidriger Fremdkörper, der mit bewährten sozialpolitischen Grundprinzipien brechen würde.
  • Das Lebensleistungsprinzip ist schon immer ein tragendes Prinzip der gesetzlichen Rentenversicherung. Durch die Kopplung der Rentenzahlung an die während des Erwerbslebens geleisteten Beiträge (bzw. Einkommen), spiegelt die gesetzliche Rente in hohem Maße die „finanzielle Lebensleistung“ wider. Stockt die Gesellschaft die so erworbenen Rentenansprüche auf, um drohende Altersarmut zu bekämpfen, ist zumindest eine Bedürftigkeitsprüfung geboten, um eine Verteilung von ungerechtfertigten Rentengeschenken mit der „sozialpolitischen Gießkanne“ zu vermeiden. Letzteres würde mit dem Gleichheitsgrundsatz im sozialen Grundsicherungsnetz brechen und einmal mehr Ältere gegenüber jüngeren Armen privilegieren.
  • Schließlich würde eine Grundrente ohne Bedürftigkeitsprüfung zu unnötig hohen fiskalischen Belastungen der Beitrags- und Steuerzahler führen. Aktuelle Berechnungen von Prof. Dr. Bernd Raffelhüschen, Vorstandsmitglied der Stiftung Marktwirtschaft, zeigen, dass die Kostenschätzungen des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales unrealistisch niedrig sind. Anstatt mit 3,8 Mrd. Euro im Jahr der Einführung wäre mit Kosten von rund 7 Mrd. Euro pro Jahr zu rechnen – bei steigender Tendenz im Zeitablauf.
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Die G20-Afrika-Partnerschaft – besser als ihr Ruf

Jörg König

Kernaussagen

  • Mit ihrem Fokus auf eine Verbesserung der Rahmenbedingungen für Investitionen steht die Afrika-Partnerschaft der G20 in der Kritik: Sie fördere Ausbeutung, unterminiere die UN-Nachhaltigkeitsziele und diktiere Regierungen von außen die Politik.
  • Das Gegenteil ist jedoch der Fall, da sie den Ländern ermöglicht, individuell und selbstbestimmt Maßnahmen zur Verbesserung der makroökonomischen, unternehmerischen und finanzmarktpolitischen Rahmenbedingungen auszuwählen.
  • Indem die G20-Partnerschaft auf die Eigenverantwortung afrikanischer Länder setzt, unterstützt sie auch die panafrikanische Vision eines souveränen Kontinents. Weitere Schritte sind jedoch nötig, wie beispielsweise eine wirkliche Marktöffnung der EU ohne versteckte Quoten und Subventionen.
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